BLAK-Präsident Thomas Benkert begrüßte die Delegierten dieses Mal, nicht wie gewohnt, im Kardinal-Wendel-Haus in München, sondern in der Residenz, in der im Anschluss auch die politische Eröffnung zum diesjährigen Bayerischen Apothekertag stattfand. Aktuell verändert sich die Apothekenwelt, nicht nur im Zuge der Digitalisierung mit E-Rezept, Telepharmazie und Künstlicher Intelligenz, sondern vor allem durch die vom Bundesgesundheitsministerium geplante Apothekenreform. Eine Reform ist zwar dringend erforderlich, aber nicht in der Form, wie es von Seiten des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach vorgeschlagen wird.
Trotz der Proteste und zentraler Kundgebungen der Apothekerschaft in 2023 gegen die Gesundheitspolitik der Ampel-Regierung, hat sich seither wenig getan. Im Gegenteil – die Situation für die Apotheken wird immer prekärer. Die Gesamtkosten einer durchschnittlichen Apotheke sind im vergangenen Jahrzehnt um 59 Prozent gestiegen, während sich das Apothekenhonorar nach den letzten Kürzungen auf dem Niveau von 2004 befindet. Noch dazu hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Apothekenstruktur-Reform angekündigt und ein Eckpunktepapier Ende 2023 vorgelegt, welches Apotheken ohne Apotheker vorschlägt und die Apotheken zu einfachen Arzneimittelabgabestellen degradiert. „Ein absolutes No-Go!“, wie Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) in seiner Rede vor der Delegiertenversammlung in aller Deutlichkeit klarstellt. „Die Lauterbach’schen Pläne lassen jegliche adäquate Wertschätzung gegenüber unserem Berufsstand missen“, so Benkert. Doch nicht nur das – Benkert sieht auch die Versorgungssicherheit der Patienten massiv gefährdet. Mit der geplanten Vertretungsregel durch erfahrene PTA dürften beispielsweise keine Parenteralia oder Betäubungsmittel (BtM) in der Apotheke mehr abgegeben werden. „Die BtM-Abgabe gehört aber zum Aufgabenbereich einer Apotheke. Wenn eine Apotheke das nicht mehr machen kann, ist es auch keine Apotheke mehr“, stellt Benkert nachdrücklich fest.
Ebenso problematisch sieht Benkert die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Reform der Notfallversorgung, deren Referentenentwurf taggleich zur Delegiertenversammlung vorgelegt wurde. Diese sehen Versorgungsverträge zwischen öffentlichen Apotheken und Notdienstpraxen vor. Demnach könnte eine öffentliche Apotheke eine Filiale auf dem Gelände der Notdienstpraxis betreiben. „Das sind mit Sicherheit wieder keine vollwertigen Apotheken, sondern reine Arzneimittel-Abgabestellen“, mutmaßt Benkert.
Benkert ging ebenfalls auf die BGH-Entscheidung zur Skonto-Gewährung durch den pharmazeutischen Großhandel ein und vertritt die Forderung der Bundesebene einer zeitnahen Klarstellung in der Arzneimittelpreisverordnung.
Die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium treibt natürlich auch die BLAK-Delegierten sowie die gesamte Apothekerschaft um. Da der direkte Zugang zum Bundesgesundheitsminister auch auf Bundesebene extrem schwierig bis unmöglich ist, wie Benkert darstellt, sollen die Entscheidungsträger aus Landkreisen oder Kommune gezielt durch die Apothekenteams angesprochen werden. Unter dem Motto „Wir müssen reden. Die Apotheke.“ soll vor allem das Leistungsspektrum der Apotheken und ihre Bedeutung für die Arzneimittelversorgung in den Fokus gerückt werden. Apothekenteams wurden insbesondere zum Tag der Apotheke, am 7. Juni 2024, dazu aufgerufen, mit der kommunalpolitischen Ebene in Kontakt zu treten. Benkert stellte zudem die Ergebnisse der Online-Umfrage auf www.apoliebe.de zur Bedeutung der Apotheke vor Ort für Patienten aus der Pressekonferenz der ABDA vom 6. Juni 2024 vor.
Notdienstreform Bayern
Ein weiteres Thema, welches die Delegierten seit der letzten Versammlung im November 2023 stark bewegt, war die angekündigte Notdienstreform. Vorstandsmitglied Alexander von Waldenfels gab einen Überblick über den aktuellen Sachstand und die weitere Umsetzung. Hintergründe der Beschlussfassung im November 2023, künftig das Konzept der Firma s:berg it-Systeme einer intelligenten Steuerung der Dienstbereitschaft der Apotheken zu verfolgen, waren, die ungleiche Verteilung der Notdienste, weitere zu erwartende Apothekenschließungen, eine kaum mehr mögliche manuelle Notdiensteinteilung und ein spürbares Bedürfnis der Apothekeninhaberschaft nach Entlastungen. In den aktuellen, noch nicht finalen, Berechnungen wird dabei nun eine Orientierungsentfernung von 20 bis 25 Kilometer zur nächsten notdienstbereiten Apotheke zu Grunde gelegt. Der sich ergebende Planerstellungsstand weist bis zu 33 Prozent weniger Notdienste für die Apotheken aus.
Die Vorteile des Systems liegen dabei klar auf der Hand: Die Verteilung der Notdienste erfolgt über Dienstkreisgrenzen hinweg für ganz Bayern. Die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern wird künftig ermöglicht bzw. erleichtert. Dadurch wird es größtenteils zu einer (deutlichen) Verringerung der Notdienste und einer gleichmäßigeren Verteilung der Notdienste kommen. Die Beantragung eines Notdiensttauschs oder einer Notdienstübernahme wird vereinfacht; denn dies wird künftig über ein Portal auf der BLAK-Homepage ermöglicht werden. Von Waldenfels betont noch einmal, dass es künftig dann keine rhythmische, sondern eine unregelmäßige Notdiensteinteilung geben wird.
In der Klausurtagung des BLAK-Vorstands im Juli soll das aktuelle Planungskonzept geprüft und beschlossen werden. Die Einsicht in den vorläufigen individuellen Plan soll für Apothekeninhaber voraussichtlich ab September 2024 möglich sein. Der Versand der Bescheide wird, wie bisher, gegen Ende des Jahres im Oktober/November 2024 erfolgen. Ab 1. Januar 2025 wird die Einteilung der Dienstbereitschaft dann nach dem neuen, arrhythmischen System umgesetzt.
Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung
BLAK-Vizepräsidentin Franziska Scharpf stellt die Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung vor. Für die Information der Mitglieder wurde eine Unterrubrik auf der Kammer-Homepage eingerichtet.
BLAK-Webseite Nachwuchsgewinnung
Dort sind verschiedene Materialien, Links und Tipps rund um die Nachwuchsgewinnung für die Apotheke zu finden. Weiterhin laufen die Planungen zur gemeinsam Nachwuchskampagne mit dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention. In Abstimmung mit der betreuenden Agentur Castenow soll eine Dachmarke und eine Austauschplattform für Apotheker entwickelt werden.
Um engen Kontakt zu den Studierenden aufzubauen und diese für die Berufspolitik zu begeistern, finden regelmäßige Treffen mit den Fachschaftsvertretern statt. Scharpf verweist zudem auf die Veranstaltung „PharmaPuls“, die im Vorfeld des Bayerischen Apothekertages am 7. Juni stattfand. Dabei hatte der pharmazeutische Nachwuchs die Gelegenheit, sich mit CSU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Holetschek auszutauschen. Ziel des Veranstaltungsformates ist es, den Dialog zwischen jungen Pharmazeuten, Pharmaziestudenten, politischen Entscheidungsträgern und der Standesvertretung der Apotheker zu aktuellen Themen in der Pharmazie zu fördern.
Seitens der Bundesebene wurde Anfang des Jahres die Nachwuchskampagne „How-to-sell-drugs-offline (fast)“ an den Start gebracht. Scharpf konstatiert, dass diese Kampagne sehr erfolgreich läuft und bei der Zielgruppe der Jugendlichen sehr gut ankommt, auch wenn diese polarisiert. Statt der geplanten zehn Millionen Sichtkontakte konnten 18 Millionen erreicht werden. Die meisten über Snapchat gefolgt von TikTok.
Filmstudio der BLAK
Scharpf stellte der Delegiertenversammlung zudem das neue Filmstudio der Kammer vor. Videoaufzeichnung für Fortbildungsvorträge, politische Statements, Präsentationen, Diskussionsrunden oder Interviews können jetzt direkt in dem professionellen Filmstudio zur Selbstbedienung erfolgen. Mit wenig Aufwand und ohne ein komplettes Kamerateam lassen sich hier mit einfachen Handgriffen professionelle Videos produzieren. Mittels Greenscreen können verschiedene Hintergründe, Präsentationen oder Videos eingeblendet werden. Auch Videoschalten zu externen Teilnehmern und deren Einblendung im aufgezeichneten Bild sind möglich.
Satzungsänderungen
Corinna Kiggen, Leiterin der Rechtsabteilung, stellte anschließend die Satzungsänderungen zur Änderung der Kostenausgleichsordnung sowie weiterer Aufwandsentschädigungen und Honorare auf Basis der Ausführungen in der Delegiertenversammlung vom November 2023 vor. Die Kostenausgleichsordnung wird demnach um einen Hinweis zu den steuerlichen Auswirkungen für die Empfänger von Kostenausgleichsleistungen ergänzt. Die Entschädigung für Zeitversäumnis bei Anwesenheit von mehr als sechs Stunden wird auf 330 Euro pro Tag, bei Anwesenheit von nicht mehr als sechs Stunden auf 165 Euro angehoben. Die Entschädigungen für Zeitversäumnisse sowie die Aufwandsentschädigung der Beisitzer zur Sitzungsvorbereitung und -nachbereitung werden ebenfalls erhöht. Die Kilometerpauschale bleibt unverändert. Die Bezugnahme auf den Bundesrahmentarifvertrag soll künftig entfallen und durch eine Regelung ersetzt werden, nach welcher der Haushaltsauschuss im Abstand von drei Jahren nach der letzten Änderung beurteilen wird, ob eine Anpassung der Aufwandsentschädigung erforderlich ist. Die bis dato geltenden Aufwandsentschädigungen und Honorare wurden im Jahr 2019 von der Delegiertenversammlung beschlossen. Mit dem neuen Beschlussvorschlag wird die Vergütung für die Tätigkeit der Pharmazieräte pro Besichtigung angehoben. Im gleichen Verhältnis werden die Honorare für die im Rahmen des QM-Systems der Kammer vorgenommenen Leistungen von Auditoren und Mitgliedern der Zertifizierungskommission angehoben. Die Delegiertenversammlung stimmt den Satzungsänderungen einstimmig zu, welche somit zum 1. Juli 2024 in Kraft tritt.
Jahresrechnung 2023 und Haushaltsplan 2024
BLAK-Geschäftsführerin Kathrin Koller informierte in der Delegiertenversammlung am 7. Juni 2024 ausführlich über die Jahresrechnung 2023 und den Haushaltsplan 2024. Die Delegiertenversammlung stimmte sowohl der Jahresrechnung 2023 als auch dem Haushaltsplan 2024 zu. Nach dem Bericht der Kassenprüfer wurde auch der Vorstand entlastet.